„Problempferde“ – eher eine Frage der Beziehung und des Vertrauens zwischen Menschen und Pferden?

Anhand von einem Fallbeispiel aus den vergangenen Monaten möchte ich Ihnen meine Arbeit als Pferdetrainerin näher bringen: Das Ziel meiner Arbeit ist es, mehr Verständnis zwischen Menschen und Pferde möglich zu machen.

Bereits im Sommer rief mich die Besitzerin von einem sechsjährigen Tinker-Wallach namens Joschy an. Sie erzählte mir von ihrem schreckhaften Wallach, der sich nicht reiten lies, obwohl er schon bei einigen anderen Trainern zum einreiten war. Wir vereinbarten, dass ich Joschy ab Oktober ins Training nehmen würde.

Als Joschy dann zu mir kam war der erste Schritt für mich, eine Vertrauensbasis zu Joschy aufzubauen, von der aus ich dann mit ihm an verschiedenen Problemen arbeiten konnte. Dazu verwendete ich das von Monty Roberts entwickelte Dually Halfter und das Join Up. Das Dually Halfter macht es mir sehr leicht, unerwünschtes Verhalten des Pferdes durch Druck unangenehm und erwünschtes Verhalten durch Drucknachlass angenehm zu machen. Beim Join Up kann ich dem Pferd deutlich machen, dass ich seine Sprache verstehe und darauf angemessen reagieren kann und dass es bei mir sicher ist. Ich erreiche dies durch eine bewusste Körpersprache, Konsequenz und Ruhe.

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Durch meine Klarheit konnte Joschy sehr schnell lernen, was seine neuen Aufgaben sind. Dazu gehört, sich an meine Bewegungen anzupassen, beim Satteln und Trensen ruhig zu stehen und auch in Situationen, die ihm Angst machen, gelassen zu bleiben. Nach einer Woche Bodenarbeit, die auch aus Doppellonge und Gelassenheitstraining bestand, bin ich das erste Mal in den Sattel gestiegen und er ist geführt worden. Er war sehr angespannt, vor allem, wenn er von der linken Hand auf die rechte Hand wechselte. Dies war auch in abgeschwächter Form nach sechs Wochen Training noch so, wenn ich z.B. eine neue Jacke anhatte.

In meinem Training, das fünf mal pro Woche stattfindet, ist es mir wichtig, dass Mensch und Pferd gemeinsam lernen. Deswegen habe ich Joschys Besitzerin vorgeschlagen, einmal pro Woche zu kommen, um die Fortschritte ihres Pferdes zu sehen und auch selber mit ihm zu lernen.

In der dritten Woche konnte ich mit Joschy in Schritt und Trab alleine in der Halle reiten. Allerdings konnte ich nicht leichttraben, denn das war noch zu viel Bewegung auf seinem Rücken.

Die nächsten Schritte waren dann, das Leichttraben auf beiden Händen weiter aufzubauen und dass wir kreuz und quer durch die Halle trabten. Als ich mich sicher mit Joschy fühlte, durfte dann auch endlich die Besitzerin zum ersten mal auf ihrem Pferd sitzen. Joschy war erstaunlich ruhig und wir außerordentlich froh über seine Fortschritte! Es ist mir gelungen, Joschy durch meine ruhige und konsequente Führung Sicherheit zu geben. Diese Sicherheit wird durch sein Vertrauen in mich deutlich.

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Und was war mit Galopp? Das gestaltete sich anfänglich sehr schwierig. Da sind wir noch mal einen großen Schritt näher an sein Problem gekommen: viel Bewegung auf seinem Rücken und das für einen Tinker in sehr hoher Geschwindigkeit. Doch schon nach einer weiteren Woche war Joschy auch hier viel ruhiger.

Wir entschlossen uns, das Training nach acht Wochen und für uns sehr zufriedenstellenden Ergebnissen zu unterbrechen und im Frühjahr in die nächste Runde zu gehen. In der Zwischenzeit wird die Besitzerin mit Joschy weiter am Boden üben und ich werde meine Ausbildung zur zertifizierten Trainerin von Monty Roberts in Kalifornien abschließen.

Der Unterschied zu anderen Methoden liegt für mich in der Arbeit mit dem Menschen und in der Art der Motivation des Pferdes. Dadurch, dass es sofort Konsequenzen für sein Handeln übernehmen muss, lernt das Pferd, selbst mitzumachen und aktiv zu kooperieren. Um es dabei zu unterstützen, brauchen wir volle Aufmerksamkeit und Bewusstheit über uns, das Pferd und unser Umfeld. Das bedeutet, dass wir Menschen uns auch insoweit selbst trainieren, dass wir uns nicht aufregen und auch in schwierigen Situationen ruhig und gelassen bleiben. Aus Sicht des Pferdes bedeutet ein aufgeregter Mensch, dessen Puls und Atemfrequenz steigen, dass etwas nicht in Ordnung ist. Dass die Aufregung des Menschen dabei teilweise damit zusammen hängt, dass er sich über das Pferd ärgert, nimmt das Pferd so nicht wahr. Vielmehr denkt es z. B., dass der Hänger eine Gefahr darstellt und vermeidet dann dessen Nähe.

Das wichtigste im Training mit Pferden ist, dass wir – Pferde und Menschen – uns sicher fühlen und uns die gemeinsame Arbeit Spaß macht.

Bei Fragen zu diesem Text und zu meinem Pferdetraining können Sie sich gerne an mich wenden. Gerne können Sie mich auch im Rahmen eines Festes o.ä. zu einer Vorführung auf Ihrem Hof einladen.